Genrefrage

Genrefrage

Traditionelle Genres und was sie ausmacht

„Was für Bücher liest du gerne?“, fragt Person A die befreundete Person B und meistens wird Person B antworten mit „Ich liebe Krimis, aber kann mit historischen Romanen nichts anfangen.“ Oder: „Biographien faszinieren mich.“ Oder: „Fantasy. Klassiker. Gedichtsammlungen.“ – Und Person B meint damit: Gewisse Genres, nach denen wir und die gesamte Buchbranche unsere Literatur und persönliche Vorlieben auf- und einteilen. Was ist denn eigentlich der Pool, aus dem Person B seine Antwortmöglichkeiten schöpfen kann? Was sind die „traditionellen“ Genres, die wir kennen und was macht sie aus? Wir tauchen heute mit euch in die Quelle ein und sehen, was wir am Grund so finden.

Der grobe Genre-Überblick

Ganz grob gesagt kann man Literatur in zwei Bereiche aufteilen: Fiktionale und nicht nichtfiktionale Literatur. Erstere Kategorie umfasst beispielsweise Fantasy, Historische Romane, Science Fiction und Krimis und ihre Subkategorien; alles Mögliche, was frei erfunden und ausgedacht ist, also in einer fiktiven Welt spielt. In der zweiten Kategorie haben wir dann Bücher, die auf wahren Sachverhalten beruhen, wie beispielsweise Fach- und Sachbücher, Ratgeber oder Biographien.

Unabhängig vom Genre unterteilt man Literatur auch noch nach Zielgruppen; zum Beispiel gibt es bestimmte Bücher für Kinder und Jugendliche oder man unterscheidet Belletristik (Unterhaltungsliteratur) von Sachbüchern, die jeweils unterschiedliche Leser/innengruppen oder temporäre Leselaunen ansprechen.

Fiktionale Literatur

Bei der fiktionalen Literatur gibt es so viele verschiedene Möglichkeiten für Schriftsteller/innen, sich auszuleben, wie es für unsere Phantasie verschiedene Wege zum Einschlagen gibt. Wir haben da den Entwicklungsroman, der uns mit auf den Weg der seelisch-geistigen Entwicklung einer bestimmten fiktiven Person nimmt, meist über den Lauf ihres Lebens hinweg.

Der Familienroman konzentriert sich im Gegensatz dazu nicht auf die Wirren und Dramen einer Einzelperson, sondern innerhalb einer bestimmten Familie; und ein Gesellschaftsroman stellt das oft ironisch-nachdenkliche Abbild einer gesamten Gesellschaft mit ihren Normen und Verhaltensweisen dar.

Die berühmte Fantasy, die sich wiederum in verschiedenste Subkategorien einteilen lässt und innerhalb einer phantastischen Welt der Magie und parallelen Realität spielt, kennen wir wohl alle.

Historische Romane spielen in der Vergangenheit. Sie orientieren sich an tatsächlichen historischen Ereignissen, spinnen rund um diesen wahren Kern allerdings eine fiktionale Geschichte mit nicht realen Personen.

Zum Glück ebenfalls fiktional sind Bücher aus dem Horror-Genre, bei denen es darum geht, den Leser/innen möglichst viel Angst einzuflößen; oft sind diese Bücher auch entsprechend brutal.

Neben Fantasy-Romanen zählen Krimis zu den meistverkauften Büchern weltweit; in Kriminalgeschichten geht es um Verbrechen, die aufgeklärt werden sollen und in vielen Fällen die Leser/innen miträtseln lassen. Thriller sind den Krimis recht verwandt; in ihnen geht es jedoch nicht ,nur‘ darum, eine kriminelle Tat aufzudecken, sondern um die lebensbedrohlichen und haarsträubenden Umstände, in welche infolge eines Verbrechens die Charaktere stolpern – oft schweben sie in akuter Lebensgefahr.

In eine ganz andere Richtung wiederum gehen Liebesromane, in denen sich alles um eine erdachte Liebesgeschichte mit möglichst viel Emotion und Romantik dreht. Literatur aus dem Genre Humor ist ebenfalls etwas luftig-leichter; sie möchte Lachfältchen zaubern und uns zum Schmunzeln bringen. Dann hätten wir da noch die Science Fiction, deren Handlung in der Zukunft spielt.

Wichtig zu wissen ist natürlich, dass die Grenzen zwischen diesen Genres fließend sind und es für alle noch diverse Subkategorien gibt; die alle zu beschreiben, würde allerdings deutlich den Rahmen sprengen.

Nichtfiktionale Literatur

Nun zu der nichtfiktionalen Literatur, die nur, weil sie sich an unserer Realität orientiert, nicht weniger spannend sein muss. Unsere Welt nämlich kann genauso gut der Grund sein zum herzhaft Lachen oder zum Verzweifeln; zum Grübeln und zum Erkennen; zum Haaresträuben und zum Verlieben. Biographien beispielsweise behandeln das Leben von meist berühmten Persönlichkeiten und wer sich etwa bei dem Leben von Virginia Woolf, Nelson Mandela oder Alexander von Humboldt langweilt, dem ist auch nicht mehr zu helfen.

Fach- und Sachbücher habe ich früher gern verwechselt. Es gibt allerdings einen Unterschied: Fachbücher sind wissenschaftliche Abhandlungen über ein bestimmtes Thema. Fachbücher sind, wie es der Usus in unserer (vor allem der deutschen) Wissenschaftskommunikation ist, meistens sehr sachlich gehalten und eher für ein Expert/innenpublikum gedacht. Sachbücher erörtern ebenfalls eine bestimmte Thematik näher, sind jedoch weniger wissenschaftlich orientiert und daher leichter zugänglich, wenn man noch kein/e Expert/in ist – an „interessierte Laien“ gerichtet, könnte man vielleicht sagen.

Zu guter Letzt hätten wir da noch die Ratgeber; ein recht kontroverses Genre, denn meiner Meinung nach gibt es hier genauso viel gefährlichen Murks wie tatsächlich hilfreiche Tipps. Kochbücher oder Reiseführer können einem wirklich noch weiterhelfen, während manche („spirituellen“) Ratgeber mehr oder weniger abstruse Lebensweisheiten unter die Leute bringen. Augen auf bei der Ratgeberwahl!

Kleine Buchtipps nach Genre

Und weil man mit Definitionen meist sehr viel mehr anfangen kann, wenn anschauliche Beispiele mitgegeben werden, hier noch eine kleine Liste für die jeweiligen Genres (die Beispiele sind nach persönlichem Geschmack ausgewählt) :

  • Entwicklungsroman: z.B. „Parzival“ von Wolfram von Eschenbach oder „Siddhartha“ / „Das Glasperlenspiel“ von Hermann Hesse
  • Familienroman / Generationenroman: z.B. „Buddenbrooks“ von Thomas Mann oder „Das Werk der Artamonovs“ von Maxim Gorki
  • Gesellschaftsroman: z.B. „Die menschliche Komödie“ von Honoré de Balzac; „North and South“ von Elizabeth Gaskell; George Eliots „Middlemarch“ oder „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil
  • Fantasy: z.B. „Der Herr der Ringe“ von Tolkien natürlich; „Harry Potter“ von J.K. Rowling oder „Der Name des Windes“ von Patrick Rothfuss
  • Historischer Roman: z.B. „Der Graf von Monte Christo“ von Alexandre Dumas oder „Sinuhe der Ägypter“ von Mika Waltari oder Leo Tolstois „Krieg und Frieden“
  • Horror: z.B. bestimmte Werke von Isabel Allende oder die Kurzgeschichten Edgar Allan Poes, „Das Parfum“ von Patrick Süskind oder Stephen Kings „Der Dunkle Turm“-Zyklus
  • Humor: z.B. „Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams oder „The Rosie Project“ von Graeme Simsion oder „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ von Jonas Jonasson
  • Krimi: z.B. die „Sherlock Holmes“-Geschichten von Arthur Conan Doyle oder die Detektivgeschichten um Hercule Poirot oder Miss Marple, beide von Agatha Christie ersonnen
  • Liebesroman: z.B. „Daphnis und Chloe“ von Longos, „Verstand und Gefühl“ und „Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen, Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ oder Charlotte Brontës „Jane Eyre“.
  • Science Fiction: z.B. „Wüstenplanet“ von Frank Herbert oder „1984“ von George Orwell
  • Thriller: z.B. ausgewählte Werke von Sebastian Fitzek, Josh Grisham oder Stephen King
  • Biographie: Hier kommt es wirklich darauf an, welche Persönlichkeiten dich interessieren. Ich habe zum Beispiel sehr gerne die Autobiographie Nelson Mandelas („Der lange Weg zur Freiheit“) gelesen; die Biographie zu Virginia Woolf von Hermione Lee ist sehr gut und von Michelle Obamas „Becoming“ oder der Biographie zu Helmut Schmidt habe ich ebenfalls Gutes gehört.
  • Sachbuch: Auch hier kommt es stark auf die eigenen Interessen an. Eine Bibel für Kunstliebhaber und eines der besten Sachbücher, die ich je gelesen habe, ist „Die Geschichte der Kunst“ von Ernst Gombrich. „Schnelles Denken, langsames Denken“ von Daniel Kahnemann ist faszinierend für alle, die gerne mehr über das menschliche Gehirn und seine Denkweise wissen möchten. „Darm mit Charme“ von Guila Enders lässt einen definitiv überlegter seine Nahrung auswählen und „Eine kleine Geschichte der Menschheit“ von Harari bietet einen lohnenswerten Überblick über die Menschheitsgeschichte.
  • Ratgeber: Kenn‘ ich nich, brauch‘ ich nich. Spaß, ich habe (und brauche) ein großartiges Backbuch zu französischer Patisserie: Die Schokoladenmuffins mit Banane oder Himbeere in der Mitte sind to die for.
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